Prof.Dr. Joop van Praagh, Mitte
Prof.Dr. Jop van Praagh, Mitte

Die Frage, wann und wo man in der Tierzucht von einer Rasse sprechen kann, wird gerade unter den in der Bienenzüchtung aktiven Imkern immer wieder heiß diskutiert.

Dabei ist es eigentlich ganz einfach. Es gilt folgende Definition:

Rasse (Subspezies) ist eine Population oder Individuengruppe, die sich von anderen mindestens durch ein gemeinsames Merkmal unterscheidet. Beispiele sind die dunkle Biene, Apis mellifera mellifera L. und die Krainerbiene, Apis mellifera carnica Pollm.

Für die züchterische Praxis würde dies bedeuten, dass meine Bienenvölker, wenn sie sich durch den Besitz einer roten Antenne auszeichneten, alle zu einer Rasse gehören würden. Und es stünde mir frei, dieser Rasse (Gruppe von Honigbienen) einen Namen zu geben.

Bei der Honigbienenzüchtung war es Brauch, unter dem Begriff „Rasse“ nicht die oben erwähnte enge Definition zu verwenden, sondern man hat unter Rasse eine implizit geographische Rasse verstanden. Eine Beschreibung dieser Rassen gibt RUTTNER (1969). Im züchterischen Sinne sind diese Rassen als Landrassen (Primitivrassen) anzusehen. Es handelt sich um nicht planmäßig gezüchtete und durch Zuchtwahl (nach Leistungen) verbesserte Rassen. Sie sind jedoch an die lokalen Gegebenheiten angepasst. LOUVEAUX (1966) unterscheidet (innerhalb einer geographischen Rasse) mehrere sogenannte Ökotypen. Das sind Bienenpopulationen, die sich bedingt durch die natürliche Selektion durch eine extrem gute Anpassung an die lokalen Gegebenheiten unterscheiden. Diese Eigenschaften treten gerade dann zutage, wenn Völker aus so einem Ökotyp plötzlich in einem ganz anderen Gebiet einem Leistungsvergleich mit dem lokalen Ökotyp unterzogen werden. Durch Kreuzung (Standbegattung) mit dem örtlichen Ökotyp passt sich das Fremde innerhalb einiger Generationen den neuen Gegebenheiten an.

Durch künstliche Selektion durch einen Züchter kann bei der Honigbiene leicht aus einer geographischen Rasse eine richtige Rasse entstehen. Dies wird damit belegt, dass nach den Zuchtrichtlinien des Deutschen Imkerbundes für die Carnica-Biene nur mit dem Kubital-Index eine Größe vorgegeben wird, die nicht mehr dem von RUTTNER (1969) für die geographische Rasse der Carnica in Österreich gefundenen Bereich entspricht. Da diese Population trotzdem den Namen Carnica trägt, ist wohl der Schluss erlaubt, dass wir es hier nicht (mehr) mit der Züchtung innerhalb einer geographischen Rasse, son- dern bestenfalls mit Zucht innerhalb einer Teilpopulation einer geographischen Rasse zu tun haben.

Das Tierzuchtgesetz (1998) der Bundesrepublik Deutschland kennt den Begriff Rasse überhaupt nicht. Dort ist die Rede von Zuchtbuch und Zuchtorganisation auf Basis für die Populationen, mit denen Zucht betrieben wird. Sowohl die Zuchtorganisation, als auch die von dieser geführten Zuchtbücher, müssen von staatlichen Stellen anerkannt werden. Welche Tiere (nach welchen Kriterien) in ein Zuchtbuch eingetragen werden, regeln die Zuchtorganisationen. Das Gesetz stellt minimale Anforderungen, um sicherzustellen, dass wenigstens die Tiere, die bei den vorgesehenen/vorgeschriebenen Leistungsvergleichen schlecht abschneiden, nicht als Zuchttiere weiter verwendet werden. Der Gesetzgeber übernimmt damit quasi ein Mindestmaß an Qualitätssicherung, wobei sowohl Zuchtverbände als auch Zuchtbetriebe anerkannt werden können.

Neben dem Begriff „Zuchtbuch“ wird ein Register der für die Zucht verwendeten Tiere auch als „Herdbuch“ bezeichnet.

Die Züchtung der Honigbiene fällt nicht unter dieses Gesetz. Für welche Tierarten das Gesetz gilt, ist explizit erwähnt (Ausnahme: Freistaat Bayern). Auch die Hühnerzucht fällt nicht unter das Tierzuchtgesetz. Jedoch ist auch dort im Bereich der kommerziellen Züchtung der Begriff „Rasse“ nicht mehr gebräuchlich. Die Zuchtbetriebe bezeichnen ihre Produkte mit dem Oberbegriff „Herkunft“.

Anders als in der Pflanzenzüchtung gibt es bei Tieren keinen Sortenschutz. Dies hat zur Folge, dass es jedem frei steht, sich für seine Züchtung eines Namens zu bedienen, der sich durch die Leistung einer ganz anderen Zuchtpopulation bereits einen guten Ruf geschaffen hat. Es ist auch möglich, die Zucht mit einer bestimmten Ausgangspopulation unter einem ganz anderen Namen zu vermarkten.

Nur im Hobby- und Ausstellungsbereich sind Rassen und der dazu gehörende Rassenstandard noch gebräuchlich. In diesem Bereich, wo es nur um das äußere Erscheinungsbild geht und nicht um die Leistung, spielt der Begriff „Rasse“ noch immer eine Rolle. Gemeinsam ist diesen Formen der Tierzüchtung, dass die Kriterien, die für die Anerkennung durch die betreffende Organisation gelten, offen gelegt sind. Es bleibt letztendlich den Organisationen überlassen, was sie in ihren Zuchtbüchern/Herdbüchern eintragen oder was innerhalb des Rassenstandards gilt. Unter Züchtern ist der Begriff Population gebräuchlich. Eine Population im züchterischen Sinne ist eine Individuengruppe einer Tier- oder Pflanzenart, die eine Paarungsgemeinschaft bildet. In der Regel stellen die Tiere eines Herdbuchzuchtverbandes eine Population dar.

Gelegentlich wird innerhalb der bestehenden Zuchtpopulation auch mit (Zucht-)Tieren aus anderen Populationen gezüchtet. Mit solchen Einkreuzungen wird versucht, in die bestehende Population wünschenswerte Eigenschaften hineinzubringen, die vorher nicht vorhanden waren. Um die Veränderungen zu konsolidieren – und wiederum zu einer Vereinheitlichung der Population zu finden – steht nur der Weg über die Zucht mit relativ eng verwandten Zuchttieren während einiger Generationen zur Verfügung. Über die Aufnahme der für diesen Zweck verwendeten Tiere in das Zuchtbuch, entscheidet letztlich der Zuchtverband auf Grund der vorgelegten Leistungs- und Abstammungsdaten.

Die Konsequenzen für die Buckfastzucht sind:
Da ein Schutz vor Trittbrettfahrern, d.h. die missbräuchliche Verwendung eines Namens, sogar für die vom Gesetzgeber anerkannte Zuchtorganisation nicht existiert, kann man nur über die Offenlegung der Zuchtbücher und den konsequenten Ausschluss von Mitgliedern der Zuchtorganisation, die sich nicht an die entsprechende Zuchtbuchordnung halten, den bestehenden guten Ruf gewährleisten. Das Gleiche gilt für den Schutz der Markenzeichen, wie z.B. das Logo der Gemeinschaft der europäischen Buckfastimker e. V.

In Niedersachsen wird dieser Schutz damit erreicht, dass Satzung und Zuchtbuchordnung eine Einheit bilden. Die Veröffentlichung der Zuchtordnung der Gemeinschaft der europäischen Buckfastimker e.V. (Der Buckfastimker 1/99, S.3-6) ist ein Anfang zum Schutz der „Marke“ Buckfastbiene.

Buckfastzüchter sollten also für ihren Handel mit Zuchttieren die Zuchtkarte der Gemeinschaft nutzen, weil genau dieses Dokument belegt, dass es sich um ein Zuchttier handelt und die Abstammungsdaten des entstehenden Volkes genau angegeben sind.

Literatur:

LOUVEAUX, J. (1966)
Les modalités de l‘adaptation des abeilles
(Apis mellifica L.) au milieu naturel. Annls Abeille (4), 323-350.

RUTTNER, F. (1969)
Biometrische Charakterisierung der Österreichischen Carnica-Biene. Z.Bienenforschung 9(1112) 469-491.

Tierzuchtgesetz vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3294).

Autor:
Dr. J, P. van Praagh

Hassellstr. 23

29223 Celle